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Symposium - Abstracts


Internationales Symposium

"Oskar Sala (1910-2002) - Pionier der elektronischen Musik"

Montag, 19. Juli 2010, 9.30 Uhr, Ehrensaal

 

Einführung – Oskar Sala. Musiker, Komponist, Instrumentenbauer

Dr. des. Silke Berdux (Deutsches Museum, München)

Der Vortrag versteht sich als Einführung in Leben und Werk von Oskar Sala (1910-2002). Skizziert werden wichtige Lebensstationen, die von Sala verwendeten und entwickelten Instrumente, das seit den späten 1950er Jahren in Berlin betriebene und stetig erweiterte Studio, wesentliche musikalische Werke wie das wachsende Interesse an Person und Werk in den 1980er Jahren und der Nachlass im Deutschen Museum.

Silke Berdux: Studium der Musikwissenschaft, Neueren und Neuesten Geschichte und Ethnologie in Göttingen und München, Magister 1994, Promotion 2001; freiberufliche Tätigkeit als Softwaredokumentaristin und Musikwissenschaftlerin, u. a. Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikinstrumentenmuseen, Instrumentenbauern, Rundfunkanstalten und Editionen; 1999-2000 Mitarbeiterin im Schlagwortkatalog der Bayerischen Staatsbibliothek München; Lehrbeauftragte am Institut für Musikwissenschaft der LMU München; seit 2000 Kuratorin der Musikinstrumentensammlung am Deutschen Museum; Vorträge und Veröffentlichungen zur Instrumentenkunde und zur bayerischen Musikgeschichte.

 

Musik und Technik – eine (Zwischen-)Bilanz zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Prof. Dr. Wolfgang Rathert (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst leitete das Zeitalter der großen Utopien in der Musik ein: Neben die bisherige, gleichsam natürliche, von der Stimme und mechanischen Instrumenten erzeugte Musik sollte gleichberechtigt eine künstlich, d.h. elektronisch erzeugte Klangwelt treten. Führende Komponisten und Theoretiker der Avantgarde wie Varèse und Cage forderten als nächsten Schritt die Ablösung des Tons durch das „Geräusch“ und prophezeiten die Herrschaft der artifiziellen Klangwelt als zweite und eigentliche Natur der Musik. Der Beitrag fragt im Licht der kulturellen und soziologischen Dynamik der geschichtlichen Prozesse in der Musik des 20. Jahrhunderts, ob und in welcher Weise diese Forderungen Realität geworden sind.

Wolfgang Rathert: geb. 1960 in Minden/Westf. Lebt in Berlin und München. Nach Kirchenmusiker-Examen Studium der Musikwissenschaft, Philosophie und Neueren Geschichte an der Freien Universität Berlin von 1980-1987; Promotion bei Rudolf Stephan mit „Ives-Studien“ (Joachim-Tiburtius-Preis des Landes Berlin 1988). Ausbildung zum Wissenschaftlichen Bibliothekar, anschließend von 1991-2002 Leiter der Musik- und Theaterabteilung der Bibliothek der Universität der Künste Berlin. 1999 Habilitation an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit WS 2002/03 Professor für Historische Musikwissenschaft an der LMU München mit Schwerpunkt 20. Jahrhundert und Musik der Gegenwart. Zahlreiche Vorträge und Veröffentlichungen zur neueren und neuesten Musikgeschichte; Edition der Kammermusik Kurt Weills  im Rahmen der Gesamtausgabe. Stellvertretender Vorsitzender des Beirats des Deutschen Musikarchivs, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Max-Reger-Tage Weiden und der Zeitschrift „Musik-Konzepte“.

 

Oskar Sala als Instrumentenbauer

Mag. Peter Donhauser (Technisches Museum Wien)

Salas Biografie darf soweit als bekannt vorausgesetzt werden, was den Beginn seiner Beschäftigung mit dem Trautonium und den Endpunkt der Entwicklung als Mixturtrautonium betrifft. Weniger bekannt dürften vor allem instrumentenbauliche und technische Details der Zwischenschritte sein, Salas Verbindungen zu Trautwein und mit Telefunken, die gescheiterten Versuche, ein Quartett-Trautonium zu bauen und der Inhalt seiner Patente. Ein kurzer Ausblick soll auch dem Subharchord gewidmet werden, das aus der Idee des Mixturtrautoniums heraus entstand und gleichsam als Konkurrenzprodukt zu sehen ist. Einen interessanten Einblick in die Registrierpraxis Salas gibt vor allem die Partitur des zweiten Trautonium-Konzerts von Genzmer in diskreter Notation.

Peter Donhauser: geboren am 6. Dezember 1948 in Wien. Studium an der Universität Wien (Mathematik, Physik und Chemie). Unterrichtstätigkeit an einem Gymnasium und in der Erwachsenenbildung. Aufbau einer interaktiven Physikabteilung im Technischen Museum Wien. Ab 1992 Sammlungsleiter u.a. für die Bereiche Physik und Musiktechnik. 1997 bis 1999 Museumsdirektor, Wiedereinrichtung der Schausammlungen und Eröffnung. Ab 2000 wieder Sammlungsleiter. Zahlreiche Publikationen, insbesondere über elektronische Musikinstrumente, u. a. "Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich" (Wien: Böhlau 2007).

 

Paul Hindemiths Kompositionen für das Trautonium

Dr. Heinz-Jürgen Winkler (Hindemith-Institut Frankfurt/Main)

Hindemith zeigte Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre großes Interesse für neue Musizierformen, neue Medien oder neu entwickelte Musikinstrumente. Angeregt durch das von Friedrich Trautwein konstruierte und von seinem Schüler Oskar Sala weiter entwickelte Trautonium, schrieb er als einer der ersten originale Stücke für dieses Instrument. Abschnitte aus diesen Kompositionen verwendete er in anderen Werken, die in zeitlicher Nähe zu den Trautoniumstücken entstanden.

Heinz-Jürgen Winkler: Studium in Heidelberg: Musikwissenschaft, Geschichte, Kunstgeschichte und Mittellatein mit Abschluss Promotion. Mitarbeiter beim Forschungsprojekt "Timbre und Vaudeville", Leiter Professor Herbert Schneider. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Musikwissenschaftlichen Institut der Uni Saarbrücken (Lehrstuhl Professor Schneider). Seit 1999 Mitarbeiter des Hindemith-Institutes.

 

Überlegungen zur Filmmusik von Oskar Sala

Dr. Michael Baumgartner (University of British Columbia, Vancouver)

Den Hauptanteil von Oskar Salas Schaffen stellen seine Kompositionen zu über 450 Spiel-, Dokumentar-, Fernseh- und Kurzfilme dar. Da seine Filmmusiken heute kaum noch bekannt sind, ist es Gegenstand dieses Referats, zunächst eine kurze historische Übersicht über Salas filmkompositorisches Oeuvre zu geben. In einem zweiten Teil soll dieses in die Geschichte der Filmmusik eingeordnet werden. Als letzten Punkt gilt es, an drei Beispielen aus Stahl – Thema mit Variationen (1960, Hugo Niebeling), In wechselndem Gefälle / A fleur d’eau (1962, Alexander Seiler und Rob Gnant) und The Birds (1962, Alfred Hitchcock) zu zeigen, welche ästhetischen Ziele Sala verfolgt hat und nach welchen Prinzipien seine Musik in den Filmen funktioniert. Sala hat zeitlebens bewiesen, dass eine klar definierte Grenze zwischen Geräuschen und Musik im Film nicht existieren kann.

Michael Baumgartner wurde von der Universität Salzburg promoviert. Er absolvierte einen Teil seiner Dissertationsforschung an der Harvard University als Visiting Fellow. Von 2006 bis 2008 wirkte er als Killam Postdoctoral Research Fellow und als Dozent an der University of British Columbia in Vancouver. Seine Forschungsschwerpunkte sind Musik in Verbindung mit den anderen darstellenden Künste (Film, Theater und bildende Kunst) und die Analyse der narrativen Aspekte der Musik. Insbesondere hat er die Filmmusik von Alfred Schnittke, die Musik von Arvo Pärt im Film, das amerikanische Schaffen von Kurt Weill, die Opern von Thea Musgrave und Othmar Schoeck und die Musik von Duke Ellington untersucht. Seine Forschungsergebnisse hat Dr. Baumgartner an den Jahresversammlungen der American Musicological Society, der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft, der Royal Musical Association, der Society for American Music und der Society for Cinema and Media Studies präsentiert.

 

Klangwelten für bewegte Bilder: Oskar Salas Zusammenarbeit mit dem Regisseur und Filmproduzenten Manfred Durniok

Daniel Meiller M.A. (Deutsche Kinemathek, Berlin)

Oskar Sala und den Berliner Filmproduzenten und Regisseur Manfred Durniok verband eine über 30jährige enge Kooperation, aus der über 60 Filmproduktionen entstanden, zu denen Sala die Klangwelten gestaltete. Die Vertonung der Bilder durch die Klänge des Mixturtrautoniums reichte von einzelnen Klangeffekten über eigenständige Filmmusiken bis zur Komplettvertonung eines Films.
Die Deutsche Kinemathek hat 2008 die umfangreiche Sammlung von Filmmaterialien und Produktionsunterlagen der Manfred Durniok Produktion übernommen. Der Vortrag gibt anhand exemplarischer Filmausschnitte einen Überblick über Durnioks Filmproduktionen, an denen Oskar Sala beteiligt war und versteht sich als Werkstattbericht dieser Übernahme und der noch laufenden Aufarbeitung des Bestands in der Deutschen Kinemathek. Auch allgemeine archivarische Fragen sollen dabei aufgeworfen werden: Welche Schwierigkeiten wirft das Sammeln, Bewahren, Erschließen und Präsentieren dieser Sala-Filme auf? Wie können diese Filme umfassend erschlossen, mit Beständen anderer Archive vernetzt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden?

Daniel Meiller: geboren 1966. 1988-1995 Magister in Romanistik, Publizistik und Allgemeines und Vergleichender Literaturwissenschaft. 1996-1999 Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen Babelsberg, Fachrichtung Filmmontage. 1995-2006 freiberufliche Tätigkeit als Cutter, vorrangig für Dokumentar- und Spielfilme. 2006-2008 Filmrestaurator im Nederlands Filmmuseum, Amsterdam, später Projektleiter Filmrestaurierung (Projekte: Johan van der Keuken / niederländische Experimentalfilme). Seit 2008 Technischer Leiter der Filmabteilung in der Deutschen Kinemathek, Berlin.

 

Der Einfluss Oskar Salas auf das Komponieren elektronischer Musik heute

Prof. Dr. Hans Tutschku (Music Department, Harvard University, Cambridge)

Oskar Sala ist als Komponist, der die technischen Hindergründe und Funktionsweisen nicht nur musikalisch verstand, sondern auch als Forscher weiterentwickelte, eine imposante Figur in der Geschichte der elektronischen Musik. Viele seiner kreativen Ergebnisse erlangte er aus dem Ringen gegen die Beschränkungen vorhandener technischen Möglichkeiten. Dieses Ausloten der Grenzen scheint mir eine besondere Qualität, die vielen heutigen Musikern eine gute Schule sein könnte. 
Seit dem die materiellen und technischen Möglichkeiten zur Produktion von elektronischer Musik so scheinbar einfach geworden sind, scheint der künstlerisch-technische Kampf um das Erreichen einer spezifischen Klangwelt, die dem Kunstwerk seine unverwechselbare Einmaligkeit verleiht, aus dem Bewusstsein zu rücken.
Der Vortrag soll einige Aspekte von Salas Schaffens beleuchten, die Fragen der Interpretation elektronischer Musik und der damit verbundenen musikalischen und instrumentalen Geste behandeln.

Hans Tutschku (1966) ist seit 1982 Mitglied des "Ensembles für Intuitive Musik Weimar". Er studierte Komposition in Dresden, Den Haag und Paris, begleitete ab 1989 Karlheinz Stockhausen auf mehreren Konzertzyklen, um sich in die Klangregie einweisen zu lassen und folgte 1996 Kompositionsworkshops mit Klaus Huber und Brian Ferneyhough.

2003 promovierte er bei Prof. Dr. Jonty Harrison an der Universität Birmingham (PhD). Er lehrte elektroakustische Komposition an der Weimarer Hochschule für Musik, am IRCAM in Paris, in Montbéliard und der Technischen Universität Berlin.
Seit 2004 wirkt er als Kompositionsprofessor und Leiter des Studios für elektroakustische Musik an der Harvard University (Cambridge, USA).

Einladungen zu Konzerten und Meisterkursen führten ihn in mehr als 30 Länder. Seine Werke wurden mit verschiedenen internationalen Preisen ausgezeichnet: Bourges, CIMESP Sao Paulo, Hanns-Eisler-Preis, Prix Ars Electronica, Prix Noroit und Prix Musica Nova.

2005 wurde ihm der Weimar-Preis verliehen.

 

Rasterfahndung im Nachlass: Potentiale für die Sala-Forschung

Dr. Wilhelm Füßl, Dr. des. Silke Berdux (Deutsches Museum, München)

Der Nachlass von Oskar Sala bietet für die Geschichte der elektronischen Musik einen singulären Quellenfundus. Da die Unterlagen nach seinem Tod praktisch komplett ins Archiv kamen, hat sich alles erhalten, was Sala selbst aufbewahrt hat. Allerdings hat dieser seine Produktionen nicht systematisch dokumentiert. Of finden sich nur verstreut Hinweise, die für die Genese und die Rezeption von Salas Werk wichtig sind. Anhand von Beispielen wird im Vortrag gezeigt, welche Informationen sich aus dem archivischen Nachlass gewinnen lassen und welche Querverbindungen zwischen einzelnen Quellenbeständen existieren - oder nicht existieren.

Dr. Wilhelm Füßl: Historiker und Leiter des Archivs des Deutschen Museums (seit 1992). Sein Forschungsinteresse gilt der Geschichte technischer Sammlungen und den Wechselwirkungen von Biografie und Technikgeschichte. Er publizierte 2005 die Biografie „Oskar von Miller 1855–1934“ und ist u.a. Herausgeber bzw. Mitherausgeber der Bücher „100 Jahre Konrad Zuse – Einblicke in den Nachlass" (2010), „Geschichte des Deutschen Museums. Akteure, Artefakte, Ausstellungen“ (2003) und „Biographie und Technikgeschichte“ (1998).

 

 

Metadaten als Herausforderung: Die Digitalisierung der Tonbänder der Sammlung Oskar Sala

Mag. Nadja Wallaszkovits (Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien)

Oskar Sala hinterließ insgesamt ca. 1200 analoge Tonbänder, die eine einzigartige Dokumentation seiner Arbeit darstellen. Diesen wertvollen Bestand in seiner Gesamtheit dauerhaft zu sichern und zu digitalisieren stellt eine besondere Herausforderung dar: Die Magnetbänder sind genauer betrachtet eigentlich keine reinen Tonträger, sondern Arbeitsmaterial, Notizbücher und nicht selten Gesamtkunstwerk in einem. Mit unzähligen Zwischenspännen, handschriftlichen Notizen und Markern versehen, stellen sie neben dem Audioinhalt auch eine einzigartige Fülle von zusätzlichen Informationen zur Verfügung.
Der Vortrag erläutert die Vorgehensweise von der Begutachtung der Geräte und Bänder, über die Ermittlung der Abspielparameter bis zur Entwicklung eines Konzeptes und der Digitalisierung und komplexen Metadatensicherung der Tonbänder Oskar Salas.

Nadja Wallaszkovits studierte Musik- und Theaterwissenschaft an der Universität Wien und arbeitete nach einer Ausbildung zum Diplom Audio Engineer, SAE, seit 1988 als Tonmeisterin in den Studios des Wiener Konzerthauses und für verschiedene nationale und internationale Schallplattenproduktionen.

Seit 1998 ist sie Mitarbeiterin des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wo sie als Leiterin der Audioabteilung für die konservatorische und technische Betreuung der Sammlung, sowie für die Digitalisierung der Bestände verantwortlich ist. Sie ist als Trainerin und Konsulentin für Nationale und Internationale Institutionen tätig und Mitglied der technischen Komitees der AES und IASA (International Association for Sound and Audiovisual Archives).