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Mixturtrautonium

Frage: Herr Sala, Sie sind Musiker und der Konstrukteur des Mixturtrautoniums, Sie sind der Einzige, der die Spieltechnik des Mixturtrautoniums virtuos beherrscht. Was ist ein Trautonium?

Oskar Sala: Das Trautonium ist eine Erfindung von Trautwein aus dem Jahr 1930 und nach ihm benannt. Es handelt sich um ein elektronisches Musikinstrument. Mit einer speziellen Schaltung wurde es von mir zum Mixturtrautonium erweitert. Darauf spiele ich nun schon seit vielen Jahren.

Frage: Außer dem Mixturtrautonium sehe ich hier in Ihrem Studio aber noch ein Instrument.

Oskar Sala: Sie meinen mein neuestes Instrument, das "Mixturtrautonium nach Oskar Sala", das haben mir drei Professoren von der Berliner Fachhochschule der Bundespost mit ihren Schülern gebaut. Das ist ein Instrument, das nach meinem Modell gebaut worden ist, aber sie haben jetzt hier Mikroelektronik drin. Sonst sollte alles so sein wie bei mir. Es ist, offengesagt, sogar noch besser als bei mir, weil die Mikroelektronik sehr interessante Möglichkeiten in der Erweiterung des Synchronisierungsverfahrens bietet. Mein Instrument verwendet dagegen noch Röhren, da sind engere Grenzen gesetzt.

Frage: Auf den ersten Blick sieht das Mixturtrautonium wie eine kleine Orgel aus. Können Sie die einzelnen Teile bitte erklären?

RVS-Trautonium mit Bandmanual (Ausschnitt)

Oskar Sala: Das Wichtigste am Trautonium ist das Spielmanual. Zuerst hatten wir beim Trautonium nur ein Manual. Aber schon beim Rundfunktrautonium, 1935, habe ich dann ein zweites Manual hinzugefügt. Jedes Manual besteht aus einer waagrechten, um eine Achse schwenkbaren Metallschiene. Darüber ist eine Saite gespannt. Weitere wichtige Elemente an der Frontplatte sind die vielen Regler für die Klangfarben. Alles original elektronische Trautoniumklangfarben. Da ist nichts gesampelt. Wichtig sind auch die kleinen elastischen Hilfstasten, lederüberzogene Metallzungen über dem Manual, das sind Anhaltspunkte zum sicheren Treffen der Töne, vier in jeder Oktave, normal gestimmt auf die Stellen c, d und g, a in jeder Oktave, sie sind jedoch auch verschiebbar.

Frage: Sie greifen aber auch direkt auf die Saite.

Oskar Sala: Natürlich, die meisten Töne liegen ja zwischen den Hilfstasten.

Frage: Welche Bedeutung hat die Saite?

Oskar Sala: Sie ist sozusagen der eigentliche Tongeber. Auf ihr befinden sich nicht nur die zwölf Halbtöne der Tasteninstrumente, sondern alle Zwischentöne. Wenn man ein Glissando durch Gleiten des Fingers auf der Saite spielt, so ist es wie bei einem Streichinstrument lückenlos, daher auch Vibrato und Portamento, natürlich individuell, nicht ein dauerndes, eingestelltes Wimmern.

Frage: Aus welchem Material ist die Saite?

Oskar Sala: Es ist eine echte Darmsaite. Aber sie ist umsponnen mit dünnem Widerstandsdraht. Der mittlere Widerstandswert beträgt etwa 1800 Ohm. Wenn sich Saite und Schiene berühren, setzt die elektronische Tonschwingung ein, über meine Lautsprecher natürlich.

Frage: Bei einem normalen Saiteninstrument ist es doch so, daß man die Saite anschlägt, streicht oder zupft, und die Schwingung der Saite wird über einen Resonanzboden abgestrahlt.

Oskar Sala: So ist es!

Frage: Bei Ihnen ist es dagegen also so, daß Sie die Saite dazu verwenden, einen elektrischen Kontakt zu schließen, auf unterschiedlichen Saitenlängen. Das Merkwürdige ist, daß Ihre Saite nicht schwingt.

Oskar Sala: Ganz richtig. Die Saite ist zunächst mal nur ein Manual in Saitenform. Aber nun wird sie, wie ich es ausdrücke, zur Wundersaite. Denn erstens fehlt der Bogen, so daß beide Hände mit allen Fingern spielen können - der Daumen wird allerdings nur bei großen Intervallen benutzt -, und zweitens: Die Tonabstände bleiben immer dieselben, unabhängig von der Tonlage und von der Stelle, an der man auf der Saite spielt. Damit sind alle Vorteile einer Klaviatur auf die Wundersaite übertragen. Aber dazu kommt noch ein Drittes: Die Saite kann leicht, nämlich elektronisch, umgestimmt werden, zum Beispiel eine Oktave höher oder tiefer. Dazu genügt ein kleiner Kontakt, und weil das so einfach ist, habe ich diese Kontakte ins Pedal gelegt, schon beim Rundfunktrautonium. Auf einmal hörte man von mir Capricen von Paganini, auf dem Trautonium gespielt.

Frage: Wie bewirkt denn das Pedal so etwas?

Oskar Sala: Nun, es hat zwei Bewegungen auszuführen, die bekannte, normale Vor- und Rückwärtsbewegung für die Grobeinstellung der Lautstärke, und dann eine Seitenbewegung nach rechts oder links, um zwei an den Pedalseiten montierte Kontakte zu betätigen. Die normale Mittelstellung ist dann die dritte Schaltstellung. Ich bezeichne sie in meinen Notationen mit den Buchstaben "h" (hoch), "m" (mittel) und "t" (tief). Sie sehen es zum Beispiel auf meinem Notenblatt, und zwar steht es da mitten in einer schwierigen Spielfiguration, die durchaus keine Pause für Oktavwechsel vorsieht; also ist Präzisionsarbeit zwischen Fingerspiel und Pedalbewegung gefordert. Wenn ich mich recht erinnere, kam mir diese Idee sogar beim Studium einer Paganini-Caprice. Denken Sie mal an die in E-Dur. Das hübsche Doppelgriffthema in Flageolettlage auf den beiden höheren Saiten und dann eine schnelle Handbewegung, und es ertönt zwei Oktaven tiefer auf den beiden unteren Saiten. Beim Trautonium gibt es sogar noch eine Vereinfachung. Das Instrument hat ja nur zwei Saiten, also bleiben die Finger, wo sie sind, und der Oktavsprung wird nur durch die beiden Pedale ausgeführt. Beim Mixturtrautonium kann man nun aber auch in den verschiedenen Intervallen der subharmonischen Reihe wechseln.